Seit 2019 entwickle ich Ninox-basierte Softwarelösungen für kleinere und mittelgroße Betriebe. Und seitdem sichte ich laufend den Markt nach alternativen Low-Code-Plattformen. Denn wie jede:r suche auch ich für meine Kunden das „eierlegende Wollmilchschwein“. Aktueller Stand (Ende 2021): Ich habe es noch nicht gefunden.

Jede Software hat Stärken und Schwächen. Und leider kommen diese oft erst im Laufe der Zeit und mit zunehmender Erfahrung zum Vorschein. Daher kauft man immer ein wenig „die Katze im Sack“. Doch man kann das Risiko für Fehlinvestitionen reduzieren. Mir ist es wichtig, Ninox-Interessenten frühzeitig (vor allem) auf die Schwächen aufmerksam zu machen. Dabei soll der folgende kurze Überblick helfen.

Wichtig: Im Folgenden stelle ich meine Meinungen (und Feedbacks meiner Kund:innen) dar. Und natürlich lassen sich viele Schwächen mehr oder weniger ausbessern oder umgehen. Dabei handelt es sich aber meist um Workarounds.

Stärken

Online-Datenbank (webbasiert)

Auch wenn sich Ninox nach außen hin vermehrt als Low-Code-Plattform für „Enterprise Apps“ positioniert: Ninox ist eine „Online-Datenbank“ und darin liegt auch der Fokus und die Stärke. Bislang habe ich noch keine Low-Code-Plattform (in diesem Preissegment) entdeckt, die so starke und intuitive Datenbank-Fähigkeiten bietet.

Das ist auch insofern ein wichtiger Punkt, weil viele Low-/No-Code-Plattformen zwar die Entwicklung toller Apps und Benutzeroberflächen ermöglichen, aber die Einbindung einer (externen) Datenquelle erfordern. Eine solche separierte Datenhaltung hat zwar viele Vorteile, doch sie führt auch zu deutlich mehr Komplexität und geringerer Agilität/Flexibilität (z. B. bei Weiterentwicklung oder Anpassungen).

Extrem schnelle Entwicklung und einfache Anpassung

Bei vielen Low-Code-Plattformen muss der Entwickler umständlich zwischen den verschiedenen Anwendungsebenen wechseln – vor allem zwischen Datenspeicherung und Präsentationsebene bzw. dem Formular. Bei Ninox gehen diese Ebenen Hand in Hand: Entwickler:innen können durch diesen integrierten Entwicklungsansatz extrem schnell Softwarelösungen bauen.

Ninox einfache und schnelle Entwicklung

Screenshot: Per Klick auf das Werkzeug-Symbol rechts oben wird der Entwickler-Modus aktiviert. Schon kann man die Datenbank-Anwendung weiterentwickeln und z. B. ein neues Feld hinzufügen.

Skripte und Automatisierung

„Skripte“ sind Programmcode, welcher an beliebigen Stellen einer Ninox-Lösung eingefügt werden kann, um Arbeitsschritte zu automatisieren bzw. zu vereinfachen. Beispiele sind:

  • per Button-Klick soll automatisch eine Rechnung generiert werden.
  • ein neues Angebot soll automatisch eine bestimmte fortlaufende Nummer erhalten.
  • bei Änderung eines Datum-Feldes soll automatisch eine Erinnerung erstellt werden.
  • per Knopfdruck sollen viele Datensätze „auf einen Rutsch“ überprüft / bearbeitet werden.
  • etc.

Automatisierungen dieser Art lassen sich in Ninox sehr einfach und intuitiv genau an der Stelle einbetten, wo sie im Prozessablauf benötigt werden. Vorausgesetzt: Man kennt die Ninox-eigene Skript-Sprache. Diese ist zwar verhältnismäßig „intuitiv“, erfordert aber trotzdem einige Einarbeitungszeit.

DSGVO & Datenhaltung

Misstrauen in Tech-Giganten wie Google und gesetzliche Anforderungen wie die DSGVO haben dazu geführt, dass Unternehmen mehr Wert darauf legen, wo und wie ihre Daten gespeichert sind. Im Fall von Ninox werden Daten in Rechenzentren innerhalb der EU gespeichert.

Bei Bedarf (genauer: bei Entscheidung für das Private-Cloud-Lizenzmodell) kann sogar ein Rechenzentrum in Deutschland ausgewählt werden. Das schafft Vertrauen und sorgt für Compliance mit den deutschen Regularien.

 

Im nächsten Teil kommen wir zu den Schwächen. Vorher noch ein kleiner Hinweis auf meine neue E-Mail-Reihe

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Schwächen

Druckeditor & PDF-Erzeugung

Auch in der digitalen Welt werden PDF-Dokumente wie Rechnungen, Angebote, Lieferscheine und Protokolle noch lange eine wichtige Rolle spielen. Während einige Low-Code-Tools ausgereifte Druckeditoren bieten (teils jedoch mit Preisaufschlag),steckt Ninox bei diesem wichtigen Feature noch in den Kinderschuhen.

Wer ausgefeilte Text-Darstellungen wünscht, spezielle Schriftarten nutzen oder Tabellen (z. B. Rechnungspositionen) formatieren möchte, hat mit Ninox keine Freude. Als Alternative weichen einige Ninox-Benutzer:innen auf externe Druckeditoren wie carbone.io zurück. Das ist zwar eine Lösung, öffnet aber eine weitere Fehlerquelle, führt zu deutlich höherer Wartungskomplexität und macht den Wunsch einer zentralen Lösung zunichte.

Ergänzung: Seit Version 3.8.0 (?) hat Ninox die Druckmöglichkeiten von carbone.io direkt integriert. Die Funktion nennt sich „Dynamisches Drucken„. Dadurch können Dokumente wie Rechnungen zum Beispiel in Microsoft Word oder LibreOffice erstellt werden und in Ninox als Druckvorlagen genutzt werden. Das ermöglicht den Ausdruck deutlich ansprechenderer PDFs. Leider ist die Erstellung dieser Vorlagen aber weiterhin sehr technisch und der Ausdruck ist – je nach Lizenzpaket – auf eine bestimmte Anzahl begrenzt.

E-Mail-Versand

Wer schon einmal eine Ninox-Testlizenz angefordert hat, kennt das Problem: E-Mails von Ninox landen oft im Spam. Leider gilt das genauso für E-Mails, die während der täglichen Arbeit aus Ninox heraus gesendet werden. Grund hierfür ist, dass Ninox einen externen Anbieter für den E-Mail-Versand verwendet. Wer also zuverlässig E-Mails an Kunden, Partner, Mitarbeiter, etc. verschicken will, hat aktuell nur zwei Möglichkeiten:

  • Ninox als Private Cloud oder auf dem eigenen Server (on-premise) nutzen – inklusive der entsprechenden Lizenzpreise
  • E-Mail-Versand über einen Integrations-Service wie Zapier oder Integromat sicherstellen. In meinem Blogbeitrag findet Ihr direkt eine Anleitung dafür.

Bei beiden Varianten kann ein eigener Mailserver genutzt werden, sodass die Mails sogar im eigenen Postausgang abgelegt werden. Die Variante über einen Integrations-Service stellt leider wieder einmal eine Nutzung von Fremdservices dar, mit entsprechendem Integrations- und Wartungsaufwand und einer weiteren Fehlerquelle.

Gleichzeitiges Bearbeiten mehrerer Datensätze

Was in vielen Tools „Standard“ ist und was Benutzer:innen gewohnt sind (und damit erwarten), ist in Ninox leider nicht so einfach möglich: Das gleichzeitige, effiziente Bearbeiten mehrerer Datensätze.

Was ist damit gemeint? Angenommen Sie nutzen eine Zeiterfassung und möchten alle Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeitenden gleichzeitig freigeben. Dann würden Sie erwarten, dass Sie wie folgt die zu bearbeitenden Datensätze markieren und einfach eine Aktion anwenden können.

Ninox - Bearbeiten mehrerer Datensätze

Die meisten Benutzer:innen klicken intuitiv die rechte Maustaste und erwarten ein Menü mit Bearbeitungsmöglichkeiten. Dieses Menü öffnet sich zwar, ermöglicht aber im Grunde nur das Löschen der Daten sowie eine Anpassung der Auswahl. Eine wirkliche Bearbeitung von Datensätzen ist nur über den Weg der „Massendatenänderung“ möglich, was vielen Benutzer:innen zu komplex ist.

Diese Schwäche wirkt wie eine Kleinigkeit. Im Alltag ist diese Bearbeitungsmöglichkeit aber sehr häufig gefordert: Ob im Bereich der Arbeitszeiterfassung, bei der Arbeit mit Rechnungspositionen uvm.

Look & Feel

Es ist schon richtig: Viele Cloud-Lösungen sehen sich mittlerweile zum Verwechseln ähnlich. Und natürlich wünschen sich die Anbieter genau das Gegenteil: Einzigartigkeit. Im Fall von Ninox heißt das allerdings, dass BenutzerInnen seit Version 3.0 mit einem etwas gewöhnungsbedürftigen Design vorlieb nehmen müssen.

Elemente wirken oft unaufgeräumt, die Schriftart fördert nicht gerade die Lesbarkeit und das Grunddesign wirkt zu verspielt für Benutzer:innen, welchen ein professionelles Erscheinungsbild wichtig ist. Leider wurden meiner Meinung nach moderne Design-Standards dem Wunsch nach „Einzigartigkeit“ geopfert.

Qualitätssicherung und Anpassungen

Fast alle mir bekannten Ninox-Datenbanken wurden ursprünglich für einen bestimmten Anwendungsfall entwickelt und anschließend laufend erweitert und verbessert. Ninox macht Anpassungen wirklich unglaublich einfach und schnell möglich. Was eine große Stärke ist, ist zugleich eine große Schwäche: Ninox bietet keine ausgeprägten Möglichkeiten zur Qualitätssicherung bei Anpassungen.

Bei kleineren Änderungen ist das kein Problem. Bei größeren Anpassungen wünschen man sich als Entwickler:in und Benutzer:in einen modernen Lösungsansatz, um z. B. neue Funktionen in einer Art „Sandbox“ testen zu können und erst nach erfolgreichem Test in den Produktivbetrieb zu übernehmen. An dieser Stelle merkt man sehr deutlich den Unterschied zu ausgereifteren Low-Code-Plattformen, die auf so genannte „Enterprise“-Anwendungsfälle (also den Einsatz in Großunternehmen) ausgerichtet sind. Denn ein Versions-/Änderungsmanagement ist im Enterprise-Umfeld Pflicht.

Gibt es ein Fazit?

Leider nein, und das ist auch nicht das Ziel dieses Beitrags. Stattdessen soll der Beitrag Ninox-Interessierten Antworten auf einige typische Fragen geben, die regelmäßig aufkommen.

Ninox entwickelt sich weiter. Dabei werden die Schwächen hoffentlich behoben und die Stärken weiter ausgebaut. Ich werde versuchen, diesen Beitrag aktuell zu halten.

Ist Ninox für Ihren Anwendungsfall die passende Plattform? Gerne stehe ich bei Fragen zur Verfügung.